Eine Kolumne von Stadtratskandidatin Nina Suma.
Stress ist längst kein Privileg der Erwachsenen mehr. Doch was sind die wahren Ursachen dafür, dass Jugendliche heute mehr denn je mit dem Leben zu kämpfen haben?
Natürlich wird oft Social Media als Hauptschuldiger genannt. Die ständige Verfügbarkeit, der Vergleich mit anderen, der Druck, perfekt zu sein – all das hinterlässt Spuren. Doch Social Media ist nur ein Puzzleteil in einem viel grösseren Bild. Vielmehr scheint mir, dass wir Erwachsene einen entscheidenden Anteil daran tragen: Wir haben verlernt, unseren Kindern Widerstandskraft zuzutrauen.
Die sogenannten „Helikopter-Eltern“ kreisen ständig über ihren Kindern und trauen ihnen kaum etwas zu. Oder die „Rasenmäher-Eltern“, die alle Hindernisse aus dem Weg räumen, bevor das Kind überhaupt auf sie stösst und lernt mit Wiederständen umzugehen. Das Ergebnis: Kinder, die nicht mehr wissen, wie es sich anfühlt, zu scheitern, sich aufzurappeln, gestärkt aus Niederlagen hervorzugehen. Resilienz und das Vertrauen etwas selber schaffen zu können, bleibt auf der Strecke.
Doch warum fällt es vielen Jugendlichen heute so schwer, mit dem Leben klarzukommen? Neben dem Einfluss der Eltern spielen auch gesellschaftliche Entwicklungen eine Rolle. Die Schule ist leistungsorientierter denn je. Noten, Prüfungen, Abschlüsse bestimmen den Alltag. Die Freizeit ist durchgetaktet, Freunde treffen, Hobbys pflegen, sich selbst finden – alles soll perfekt laufen. Gleichzeitig fehlt es an echten Freiräumen, in denen Jugendliche einfach mal „nichts tun“ dürfen, Fehler machen, sich ausprobieren können.
Auch die Digitalisierung hat ihre Schattenseiten: Die ständige Erreichbarkeit (zum Teil bis 2 Uhr nachts, auch wenn morgens die Schule wieder ruft)führt dazu, dass Jugendliche selten abschalten können. Die Grenzen zwischen Schule, Freizeit und Privatleben verschwimmen. Hinzu kommt der gesellschaftliche Druck, immer „on“ zu sein, immer „perfekt“ zu erscheinen. Wer nicht mithält, fühlt sich schnell ausgeschlossen.
Und nicht zuletzt spielt die Unsicherheit über die Zukunft eine Rolle. Klimawandel, politische Krisen, unsichere Jobaussichten – all das belastet die Psyche. Jugendliche spüren, dass die Welt komplexer und unberechenbarer geworden ist.
Mehr Ferienwochen mögen kurzfristig für Entlastung sorgen. Aber sie lösen das Problem nicht an der Wurzel (übrigens genau so wenig, wie das abschaffen wollen von Schulnoten, um den Druck von den Schülern zunehmen). Was Jugendliche wirklich brauchen, sind Erwachsene, die ihnen zutrauen, mit «Stress» und Herausforderungen umzugehen – und die sie dabei unterstützen, ohne sie zu entmündigen. Wir müssen ihnen zeigen, dass Scheitern kein Weltuntergang ist, sondern eine Chance, zu wachsen.
Vielleicht sollten wir also nicht nur über mehr Ferien, sondern auch über mehr Mut zum Scheitern reden. Nur so werden aus gestressten Jugendlichen starke Erwachsene – und das ist doch das, was wir uns für sie alle wünschen.