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Schweiz
14.08.2024

China-Deal (mit Vorbehalt) dahingefallen!

Bild: Linth24
Der Stadtrat teilt mit, das Land im Joner Schachen werde nicht an die China-Firma SinoSwiss überschrieben. Aber es ist noch nicht alles in trockenen Tüchern.

Stadtpräsident Martin Stöckling und Stadtrats-Vize Kurt Kälin hatten heute Mittwoch im China-Deal erstmals gute Nachrichten zu verkünden: Es gebe «keinen Verkauf des Grundstücks im Schachen an die SinoSwiss (Switzerland) Technopark AG». Der Vertrag mit den Chinesen sei wegen «nicht eingehaltener Fristen ersatzlos dahingefallen».
Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Doch (Vor)Freude kommt trotzdem auf.

Die Eckpunkte des Deals

Die Eckpunkte des China-Deals waren: Der Stadtrat verkaufte den Chinesen am 21. April 2021 2'000 m2 Stadtland. Das Land aber werde erst nach einer Baubewilligung für den China-Bau überschrieben. Eine solche habe bis 31. Januar 2024 vorzuliegen. Oder bei Bau-Einsprachen dagegen bis 31. Januar 2026.

Rückzug Einsprache

Nun aber gab es nur eine Einsprache, und zwar vom hier Schreibenden im letzten Dezember. Diese richtete sich aber nicht gegen eine Baubewilligung, sondern gegen die Bauauflage für den China-Bau. Dies mit dem Ziel, die Erteilung einer Bau-Bewilligung durch die Stadt bis Ende Januar 2024 zu verhindern.
Als dieses Ziel erreicht war und die China-Firma gegen die Baueinsprache vorging, wurde sie im Juni 2024 zurückgezogen. Und das im Wissen, dass der Landverkaufsvertrag zwischen der Stadt und SinoSwiss jetzt «dahinfällt».

Chinesen wollen bauen

Nach diesem Rückzug forderte die China-Firma SinoSwiss bei der Stadt die Baubewilligung für ihren geplanten Bau und die Landüberschreibung gemäss Vertrag vom 21. April 2021.

Das war das Signal für den Stadtrat, den Landverkaufsvertrag durch einen Sachverständigen prüfen zu lassen. Er kam zum selben Schluss, wie zwei Rechtsberater von Linth24: Der Vertrag zwischen SinoSwiss und der Stadt fällt kosten- und ersatzlos dahin.

Schriftliche «Erklärung»

In seiner Mitteilung argumentiert der Stadtrat zwar schwergewichtig, der Land-Verkaufsvertrag falle dahin, weil SinoSwiss «nicht rechtzeitig ein vollständiges und damit bewilligungsfähiges Baugesuch» eingereicht hätte.
Dass der Stadtrat nun seine Argumentation stark auf das unvollständige und verspätete Baugesuch ausrichtet, hat wohl taktische Gründe. Denn der Stadtrat hat der China-Firma – was Linth24 bereits vor Wochen geschrieben hat – zum Land-Verkaufsvertrag noch eine schriftliche «Erklärung» abgegeben.
Linth24 hat am 27. Juni 2024 deren Offenlegung gemäss Öffentlichkeitsgesetz gefordert. Wie Stadtpräsident Stöckling aber ausführte, sträubt sich SinoSwiss auf dem Rechtsweg noch dagegen. Der Stadtrat habe jedoch, so Stöckling, beschlossen, diese «Erklärung» öffentlich zu machen.

Deal vom Tisch?

Gibt es darin keinen Stolperstein, dürfte der China-Deal Vergangenheit sein. Und es kann ein seriöses Studium beginnen, was die Stadt mit ihrem Land macht.

Doch vorerst ist natürlich noch offen, ob SinoSwiss die Nachricht aus dem Stadthaus, der China-Deal sei vom Tisch, kommentarlos und ohne Schadenersatzforderungen irgendwelcher Art akzeptiert.
Man könnte es so sagen: Die Spielzeit ist zu Ende. Es geht nun noch in die Verlängerung – wie lange diese dauert, ist im Moment offen.

Kommentar: Zu viel lief schief

«Im Nachhinein ist man immer schlauer», sagte Stadtrat Kurt Kälin an der Medienkonferenz zum Hinfall des China-Deals. Da hat er recht. 
Nun, da dieser aber (fast) vom Tisch ist, darf man mit Fug und Recht auch fragen, wie die Sache gelaufen wäre, wenn es die Recherchen von Linth24 nicht gegeben hätte.

Stadtpräsident Stöckling und Stadtrat Kälin brachten vor, die politische Grosswetterlage habe sich im Zusammenhang mit China in den letzten Jahren stark verändert. Als die Gespräche mit SinoSwiss begonnen hätten, sei das noch anders gewesen. Der Stadtrat sei damals davon überzeugt gewesen, mit der Zusammenarbeit mit SinoSwiss etwas Gutes zur Start-up-Förderung zu tun. Und auch die verspätete Kommunikation sei zu erklären. Man habe mit der öffentlichen Information erst dann starten wollen, wenn alles festgesetzt sei.

Das mag man dem Stadtrat alles glauben. Trotzdem aber lief beim China-Deal viel zu viel schief. Linth24 fasst (hoffentlich) ein letztes Mal zusammen:  

  • Am 22. Juni 2020 protokollierte der Stadtrat in seiner ersten öffentlichen Notiz zum China-Deal, das Land werde hiesigen Unternehmen nicht angeboten. Deshalb sei die China-Firma genau zu prüfen. Der Stadtrat wusste also, dass er lokale Firmen ausliess und verkaufte das schöne, gutgelegene städtischem Bauland an die chinesische Firma SinoSwiss.
  • Am 22. Juni 2020 fällte der Stadtrat den Verkaufsbeschluss und orientierte sich an einer 10 Jahre alten Landschätzung aus dem Jahr 2011. Obwohl er zuvor seit den ersten China-Kontakten rund 2 Jahre Zeit gehabt hätte, eine aktuelle Landschätzung zu bestellen. Ein Versäumnis, das das St.Galler Verwaltungsgericht in seinem Urteil massiv kritisiert.

  • Der Stadtrat hielt den Landverkauf 22 Monate geheim und informierte erst, als Linth24 auf den Fall aufmerksam wurde und Fragen an die Stadt stellte. 

  • Zu seiner Verkaufskompetenz schrieb der Stadtrat in sein Protokoll, es sei «nicht davon auszugehen», dass der Landverkauf dem Referendum zu unterstellen sei. Der Stadtrat stützte sich also auf eine Vermutung, was das Gericht als «unhaltbar» und «willkürlich» einstufte.

  • Der Stadtrat begründete seine Kompetenz zum Landverkauf mit einem viel zu tiefen «amtlichen Steuerwert», was das St. Galler Verwaltungsgericht deutlich beanstandet. 

  • Nachdem der Deal aufflog, stützte sich der Stadtrat auf einmal noch auf eine weitere Landschätzung. Sie aber tauchte erst zwei Monate nach seinem damaligen Verkaufsbeschluss auf, und das gerade einmal 1 (!) Tag vor Vertragsunterzeichnung mit der China-Firma.

  • Der Stadtrat verkaufte das der Öffentlichkeit gehörende Land, was vollkommen unüblich ist. Seine Argumentation, die Chinesen würden das Baurecht nicht kennen, war unglaubwürdig. In China gehört alles Land dem Staat. 

  • Im Land-Verkaufsvertrag verpflichtete sich die Stadt, «sämtliche Baugesuchs-Unterlagen (der China-Firma) ohne Verzug zu unterzeichnen», was vollkommen unüblich war.

  • Der Stadtrat fällte seinen Beschluss zum Landverkauf gemäss seinem Protokoll so eilig, weil die China-Firma den Landkaufs-Preis per sofort in die Schweiz transferieren wollte.

  • Der Stadtrat hat sich im Einklang mit dem Kanton mit immenser Energie in mehrfachen Rechtsdarlegungen gegen die Anerkennung der Beschwerde Raetzo gewehrt. Eine sachgerechte Kompetenzabklärung aber hätte von Anfang an in seinem Interesse sein müssen – statt sich dagegen zu wehren.

  • Der Stadtpräsident hat noch im November 2023 öffentlich ausgeführt, ein Entscheid des Verwaltungsgerichts gegen den Stadtrat im China-Deal bedeute «nichts» und könne den Landverkauf an SinoSwiss «nicht verhindern». (Es kam dann anders.)

  • Zum Schluss. Der Stadtrat hat Linth24 mit Textlöschungen und Gegendarstellungen zum China-Deal durch seinen Zürcher Anwalt geradezu bombardiert – allein sechs zum Linth24-Magazin. Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts lösten sich faktisch alle in Luft auf und waren reiner Geld- und Energieverschleiss.   

 

 

Bruno Hug