Man liebt ihn oder man rollt dramatisch mit den Augen. Toast Hawaii ist die schrille Käsekrusten-Diva unter den belegten Brotscheiben, ein kulinarisches Spektakel zwischen Küchenchaos und Südseetraum.
Erfunden wurde er 1955 vom ersten deutschen Fernsehkoch Clemens Wilmenrod, der mit Ananas aus der Dose, Schinken und Schmelzkäse das Fernweh auf deutsche Teller bringen wollte. Dieses Jahr wird er 70 – und sieht noch immer aus wie frisch aus dem Backofen.
Ein bisschen exotisch, ein bisschen kitschig, ein bisschen zu viel – aber genau deshalb bis heute unvergessen. Sein goldgelber Käse fliesst über die süsse Ananasscheibe wie Lava über tropisches Terrain, der Schinken darunter tut so, als sei alles ganz normal, und das Toastbrot gibt sich standhaft. Gekrönt wird das Ganze von der berühmten Toll-, äh Cocktailkirsche.
Für seine Fans ist «Hawi» ein Lebensgefühl mit Backofenwärme, das sie mit Sekt, 50er-Playlist und feuchtem Blick zelebrieren. Er ist kein Snack, er ist eine warme Umarmung in Weissbrotform, ein Retro-Ritual mit klebriger Gaumenseele.
Doch wo Licht ist, ist auch knuspriger Schatten. Seine Kritiker sprechen von einem Verbrechen an der guten Küche, von einer klebrigen Ananas-Attacke und einem Relikt aus der Zeit, als man Dosenobst für Haute Cuisine hielt. Für sie ist Toast Hawaii der schrille Onkel, der unangemeldet anruft und nach altem Estrich-Käse riecht.
Sie schicken lieber Avocado-Toasts und Quinoa-Crunch ins Rennen, hübsch drapiert und frei von Kitsch.
Aber Toast Hawaii kümmert das nicht. Er hat sich längst neu erfunden, tritt heute mit Birne oder Feige auf, flirtet mit Pulled Pork und versteht sich sogar mit veganem Käse.
Doch er bleibt, was er immer war. Ein schräger Star mit Herz und Schmelz. Ein bisschen peinlich, aber immer unvergesslich. Und wenn er auf der Party auftaucht, tanzen alle. Ob sie wollen oder nicht.