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22.10.2023

Börse: SMI auf Jahrestiefst

Anleihensrenditen- und Ölpreis-Anstieg, Rezessionsängste und Gewinnwarnungen verstärkten laut Christopher Chandiramani den Börsen-Pessimismus.
Anleihensrenditen- und Ölpreis-Anstieg, Rezessionsängste und Gewinnwarnungen verstärkten laut Christopher Chandiramani den Börsen-Pessimismus. Bild: Linth24
Das Umfeld mit Kriegen drückte v.a. auf Indexschwergewichte, SMI teils bei 10'400 Punkten. Faktoren wie Ölpreis verstärkten Pessimismus. Erinnerung an schwarzen Freitag 19.10.1987.

Nicht nur die Kriegsängste belasten den Markt, auch Angst vor Terroranschlägen und zunehmender Antisemitismus.

Das US-Repräsentantenhaus ist zurzeit unregierbar. Das musste auch Kevin McCarthy erfahren, der anfangs Oktober seinen Posten als Sprecher verlor. Beim Streit geht es um die Schuldenobergrenze. Das Chaos in den USA ist schädlich für das Land, die Märkte und auch Europa. Gefahren eines Shutdowns (Zahlungsunfähigkeit der USA) sind wieder gewachsen.

Die Halbzeitbilanz der deutschen Ampel-Regierung ist erreicht und macht viele unzufrieden. Die Wahlen in Bayern und Hessen haben es bewiesen. Zahlreiche Probleme sind wurden nicht gelöst oder sind neu dazugekommen: Inflation, Energieverknappung, Wohnungsnot, Rezession, unkontrollierte Zuwanderung. Kritiker erwarten vorzeitige Neuwahlen.

Die Preise von Rohöl sind infolge Sorgen vor einer weiteren Eskalation der Kriegslage im Nahen Osten kräftig gestiegen. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent (Dezembertermin) kostete zeitweise bi zu 91.55 US-Dollar.

Der Wechselkurs EUR/CHF fiel auf den 11-Monate-Tiefstkurs von 0.95. Gründe dafür sind vor allem die Verschuldung Italiens und die Rezession in Deutschland.

Fed-Chef Jerome Powell möchte nun vorsichtiger vorgehen und auf die neuesten Daten reagieren. Das gilt auch für Christine Lagarde von der EZB. Die Notenbanken sollten auf die neu anvisierten Leitzinserhöhungen im Dezember verzichten angesichts der gegenwärtigen Krisenlage. Auch die Inflationsraten sind bereits auf dem Rückzug.

Unternehmensnachrichten

Der Pharmazulieferer Lonza setzt neue Ziele. In den kommenden Jahren 2024-2028 erstrebt die Gesellschaft ein Umsatzwachstum von 11-13 Prozent in Lokalwährungen an sowie eine Betriebsgewinnmarge von 32-34 Prozent. Durch das Ende der lukrativen Aufträge von Moderna für Corona-Impfstoffe winkt Lonza zudem eine Kündigungsgebühr von rund CHF 0.2 Mrd. Die Investoren sind aber skeptisch, die Aktie verlor an einem Tag 15 Prozent.

Die Umsatzzahlen des Nahrungsmittelkonzerns Nestlé liegen unter den Erwartungen. Nach neun Monaten beträgt der Umsatz CHF 68.8 Mrd. was ein Minus von 0.4 Prozent heisst. Organisch ist Nestlé um 7.8 Prozent gewachsen – auch als Folge von Preissteigerungen. Heimtierprodukte und Kaffee haben am meisten dazu beigetragen.

Der Pharmakonzern Roche war im dritten Quartal robust. Aber der Umsatz in den ersten neun Monaten ist dennoch um 6 Prozent gefallen, dies wegen des starken Frankens und des Verkaufsendes von Corona-Diagnostika. Bereinigt um den Währungseffekt ist der Umsatz 1 Prozent gestiegen. Wird auch Corona rausgerechnet, beträgt das Wachstumstempo 9 Prozent, im dritten Quartal allein sogar 10 Prozent. An der Börse kamen jedoch die Zahlen nicht gut an: Roche-Aktien rutschten am Donnerstag rund 5 Prozent ab und verzeichneten ein Mehrjahrestief.

Der Technologiekonzern ABB ist zwar im dritten Quartal erneut gewachsen, der Auftragseingang litt jedoch unter dem schwachen Robotik-Geschäft. Die Prognosen für das Gesamtjahr wurden dennoch erhöht. Gebremst wurde der Bestellungseingang insbesondere durch schwachen Absatz von Produktions-Robotern in China.

Der Spinnmaschinenhersteller Rieter informierte am Freitag über den Abbau von bis zu 900 Stellen. Bereits im Juli hatte er entsprechende Schritte angekündigt. Grund ist die nach wie vor schwache Auftragslage. In den ersten neun Monaten nahm der Umsatz zwar um 11 Prozent auf CHF 1.09 Mrd. zu, der Auftragseingang brach hingegen um 58 Prozent ein auf CHF 452,2 Mio.

Der Bauchemiekonzern Sika ist weiter gewachsen, der Umsatz stieg von Januar bis September um 5.6 Prozente auf CHF 8.45 Mrd. Fr. Den Akquisitionseffekt beziffert Sika auf 11 Prozent. Negative Währungseffekte und hohe Integrationskosten (MBCC) haben aber gebremst. Die Gewinnzahlen gingen deutlich zurück. Das operative Betriebsergebnis auf Stufe EBIT sank um 7.1 Prozent auf CHF 1.15 Mrd.

Aussichten

Aussagen der Wirtschaft und Statistiken waren unwahr, anstatt einen Fachkräftemangel gibt es nun verbreitet Reorganisationen, Abbau von Jobs, Firmenschliessungen und Entlassungen. Beispielweise St.Galler Spitäler, Rieter, UBS, Hero, Flyer, Google, Estée Lauder, Nestlé, Sympany oder Dormakaba sowie zahlreiche andere Firmen schicken viele ihrer Leute auf die Strasse. Aufgrund der gegenwärtigen geopolitischen Konfliktlage wird sich auch die Wirtschaftsdynamik weiter verschlechtern. Hoffnung gibt eine mögliche geldpolitische Wende, ein Verzicht der Notenbanken auf Leitzinserhöhungen im Dezember oder sogar eine mittelfristige Senkung. Bei einem Erreichen des Zinsgipfels sind auch festverzinsliche Anlagen (Anleihen) wieder interessant. Rekordergebnisse wären bei den Kantonalbanken (Margenerhöhungen auf Hypotheken) möglich. Die Nachfrage nach touristischen Dienstleistungen bleibt vorläufig ungebrochen hoch.

Christopher Chandiramani, Börsenanalyst und freier Mitarbeiter Linth24