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17.02.2024

Marilyn Monroe und Elvis Presley unter dem Mikroskop

Unterschriftenfälscher aufgepasst: Autogrammexperte Alessandro Pippia ist Betrügern auf der Spur.
Unterschriftenfälscher aufgepasst: Autogrammexperte Alessandro Pippia ist Betrügern auf der Spur. Bild: Alessandro Pippia
Der Buchser Alessandro Pippia befasst sich mit Kriminalität. Die von ihm behandelten Opfer: Marilyn Monroe, die Beatles, Elvis Presley, Michael Jackson und Bruce Lee.

Alessandro Pippia hat einen sehr speziellen Beruf. So speziell, dass er gar einer der Einzigen in ganz Europa ist. Er beschäftigt sich mit Unterschriften. Konkret heisst dies, dass er Unterschriften von Promis anschaut und auf die Echtheit überprüft. Beispielsweise Marilyn Monroe, Elvis Presley und Michael Jackson. Im Gespräch mit stgallen24.ch berichtet Pippia über seine Leidenschaft, sein wertvollstes Sammlerstück und wie ihn Picasso zum Beruf gebracht hat.

Elvis Presley als Auslöser

«Den Beruf des Unterschriftenprüfers gibt es in dem Sinne nicht», eröffnet Pippia das Gespräch. «Ich persönlich bin eigentlich Graphologe, habe mich aber auf Unterschriften und Autogramme spezialisiert. Was meinem Beruf am nächsten kommt, wäre der Schriftenpsychologe.» Pippia erforscht und ermittelt die Echtheit von Unterschriften. Und hat damit eine echte Monopolstellung innerhalb seiner Branche.

Alles begann im Alter von 13 Jahren. «Ich kam durch einen Bekannten auf meinen Beruf. Bei einem Geschäftstermin begegnete ich einem Herrn, der darüber nachdachte, sein Picasso-Gemälde zu verkaufen.» In einem Gespräch kamen die beiden dann auf Elvis Presley zu sprechen, den weltbekannten Sänger.

«Da mein Bekannter keine Kinder und auch sonst nicht viel Familie hatte, schenkte er mir eine Langspielplatte von Elvis. Und es ist war nicht nur irgendeine Edition! Es war eine persönliche Platte aus Elvis Privatbesitz mit seiner Unterschrift drauf!» Diese Unterschrift ist auf der ganzen Welt einzigartig.

Vor 13 Jahren machte Pippia sein Hobby zum Beruf. Bild: zVg

Akribische und zeitaufwendige Untersuchungen

Das war ein Wendepunkt in Pippias Leben. Diese Unterschrift hat ihn so fasziniert, dass er sich fortan immer tiefer mit der Materie befasste. Doch wer nimmt solche Dienste eigentlich in Anspruch? «Es gibt einen Haufen Sammler, die die Echtheit der Unterschrift bestätigt haben möchten. Ausserdem gibt es auch Händler, die über den Wert der ihnen angebotenen oder durch sie verkauften Ware erfahren möchten.»

Das Vorgehen bei einer solchen Untersuchung ist äusserst akribisch und sehr zeitaufwendig. «Ich arbeite grundsätzlich immer mit dem Mikroskop. Dadurch kann ich Feinheiten in der Schriftführung erkennen und daraus ableiten, in welcher Gefühlslage der Schreibende war. Ausserdem kann man anhand des Verblassungsprozesses auch ermitteln, aus welcher Zeit eine Unterschrift stammt, resp, wie alt sie bereits ist.»

Hochkomplex und anspruchsvoll

Doch die Arbeit ist nicht immer einfach und es gibt verschiedene Dinge zu beachten. «Marilyn Monroe beispielsweise hat öfter auch mal einen ihrer Sekretäre unterschreiben lassen. Diese Unterschrift sieht für einen Laien aus wie eine echte Marilyn Monroe. Aber bei genauer Betrachtung fällt das dann auf.» 

Doch kann man eine gefälschte Unterschrift auch als Laie erkennen? «Ja. Wenn man sich etwas in die Materie einarbeitet, erkennt man ein bestimmtes Muster. Elvis beispielsweise tendiert dazu, bei Fotos immer eher die Brust zu unterschreiben. Teilweise auch beim Kinn.» Das allein ist zwar ein Indikator, aber muss nicht zwangsläufig auch auf eine Fälschung hinauslaufen.

Fälschen will gelernt sein

Eine gute Fälschung zu erstellen, erfordert viel Zeit, Mühe und Arbeit. Die meisten Fälscher fangen bereits früh damit an. Beispielsweise durch Abpausen. Das heisst: Man hält die Originalunterschrift an das Fenster, legt ein Papier darüber und zeichnet mit einem Stift die Unterschrift nach, damit der Schriftzug und die Linienführung übereinstimmen. Berühmte Opfer von Unterschriftenfälschungen sind neben Elvis und Marilyn Monroe auch Bruce Lee und die Beatles.

Doch das ist nur eine von vielen Möglichkeiten. Betrüger greifen auf eine Vielzahl an technischen Möglichkeiten und Werkzeugen zurück, damit die Unterschrift so echt wie möglich aussieht und das «Kunstwerk» dann zu einem horrenden Preis verkauft werden kann. Beispielsweise indem ein leicht ausgetrockneter Schreiber verwendet wird, damit die Unterschrift so aussieht, als wäre sie bereits mehrere Jahre alt.

«Auf den ersten und auch zweiten Blick sieht das dann täuschend echt aus. Unter dem Mikroskop sieht man dann aber die entsprechenden Unterschiede. Schwierig wird es dann, wenn der Betrüger sein Handwerk versteht und beispielsweise schwungvolle Bewegungen gut nachmachen kann.»

Eine von Elvis signierte LP. Auch wenn die Schrift verblasst, ist dennoch der ikonische Schriftzug auf der Brust des Sängers zu erkennen. Bild: Alessandro Pippia

«Besonders nervös oder wacklig»

Pippia kennt diese Tricks und kann den Betrügern daher das Handwerk legen. «Beispielsweise anhand des Verblassungsprozesses kann ich erkennen, wann eine Unterschrift erstellt wurde. Je neuer sie ist, desto weniger fortgeschritten ist auch der Verblassungsprozess. Ausserdem spielt auch die Geschwindigkeit beim Schreiben eine Rolle. Und natürlich die generelle Gefühlslage der Person.» Jeder Mensch habe einen eigenen Charakter in der Unterschrift, den man nicht kopieren könne.

«Konkret heisst dies, dass die Unterschrift Merkmale aufweist, die typisch für eine jeweilige Charaktereigenschaft sind.» Besondere Merkmale einer Unterschrift würden verloren gehen, wenn sie von einem Fälscher kommen. «Wenn jemand beispielsweise unter Stress ist, sackt die Unterschrift zusammen, während sie in ruhigen Verhältnissen lang und schwungvoll ist.» Er bemerke das bei sich selber auch.

«Fälschungen tendieren daher dazu, besonders nervös oder wacklig zu sein oder weisen besonders viele Pausen auf.» Wohl insbesondere dann, wenn der Schreibende noch nicht viel Erfahrung hat oder sich nur schlecht in die Gefühlslage der entsprechenden Person einfühlen kann und daher in der Linienführung einen anderen Charakter hinterlässt.

«Tatsächlich habe ich aber auch bei Marilyn Monroe schon eine Pause gefunden. Das sieht ihr eigentlich nicht ähnlich. Wahrscheinlich hat sie einfach kurz aufgehört und die Arbeit erst ein, zwei Tage später wieder aufgenommen.»

Pippias grösste Schätze

Marilyn Monroe ziert denn auch seine persönliche Schriftensammlung und ist einer seiner grössten Schätze. Konkret handelt es sich bei seinem Schatz um einen Liebesbrief von Monroe an ihren damaligen Mann James Dougherty. In diesem handschriftlichen Brief schreibt Monroe, dass sie ihren Mann vermisse und ihn bald wiedersehen möchte. Derzeit ginge es aber nicht, weil sie gerade einen Auftrag als Model angenommen habe.

«Dieser Liebesbrief und die von Elvis persönlich signierte LP sind meine grössten Schätze und bringen zum Ausdruck, warum ich meinen Job so liebe. Es geht nicht einfach nur um eine Unterschrift, sondern um wertvolle Relikte aus einer vergangenen Zeit.» Während Pippia spricht, hört man die Begeisterung förmlich heraus. Er ist mit Leib und Seele in diese Herzensangelegenheit investiert.

Einer der grössten Schätze von Pippia: Ein echter Liebesbrief von Marilyn Monroe an ihren damaligen Ehemann Jim Dougherty. Bild: Alessandro Pippia
«Mein liebster Jimmie, Ich habe einen Brief von dir erhalten und war darüber sehr erfreut. Ich vermisse dich wirklich. Ich bin momentan schrecklich beschäftigt, weil ich meine Chance ergriffen und einen Vertrag für einige Modelfotos unterschrieben habe. Ich hatte eine sehr gute Zeit im Studio. Bitte wünsch mir Glück – eventuell wird mein Traum eines Tages wahr. Wenn es möglich ist, dass wir uns bald miteinander treffen können, wäre das sehr schön. Ich habe dir so viel zu erzählen. Bitte entschuldige meine ungenaue Handschrift – ich bin ein wenig müde, aber ich wollte dich nicht zu lange auf eine Antwort warten lassen. Gib auf dich Acht – schreibe bald zurück. Ich vermisse dich. Norma Jeane Dougherty»
Marilyn Monroe in ihrem Liebesbrief an den damaligen Ehemann Jim Dougherty.
  • Eine Unterschrift unter dem Mikroskop. Bild: Alessandro Pippia
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  • Die Strukturen sind sehr gut erkennbar. Bild: Alessandro Pippia
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Bahnbrechende Forschungsarbeit

Er ist sogar so sehr investiert, dass er jahrelang an einer Forschungsarbeit gearbeitet hat und jetzt voller Stolz die Ergebnisse präsentieren kann. «Als Erstes habe ich den Verblassungsprozess erforscht. Was passiert, wenn ein Schriftstück lange an der Sonne liegt und Wärme ausgesetzt wird? Während einem Monat setzte ich ein entsprechendes Schriftstück vier Stunden an die Sonne.» Ausserdem habe er den Effekt des Sonnenlichts zusätzlich auch noch mit Glas verstärkt. «Ziel war es, mehr über den Verblassungsprozess herauszufinden.»

Nach drei Wochen haben sich erste Ergebnisse gezeigt. Die Tinte fing tatsächlich an, zu verblassen. Das führt den Buchser zu folgender Erkenntnis: «Wenn man schreibt, sammelt sich an mehreren Orten auf dem Papier unterschiedlich viel Tinte an.» Mal seien die Ansammlungen grösser und mal seien sie kleiner. «Der Verblassungsprozess fängt dort an, wo die Ansammlung an Tinte am grössten ist. Sobald man jedoch Feuchtigkeit einsetzt, werden mikroskopisch kleine Explosionen erzeugt, die den Verblassungsprozess wieder rückgängig machen. Das ist bahnbrechend!»

Kein Stillstand

Mit diesen bahnbrechenden Erkenntnissen will Pippia jetzt noch weiterarbeiten. Denn Stillstand kommt für den Buchser nicht in Frage. «Auch wenn diese Arbeit einige Fragen beantwortet hat, werde ich weiterforschen. Bereits vor zwei Jahren hatte ich die Idee, Bleistifte zu erforschen anstatt mich auf Tinte zu beschränken. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse.»

Abschliessend kann man also festhalten, dass die Kriminalität bei der Unterschriftenfälschung sicher weiterhin bestehen bleiben wird. Jedoch werden die Betrüger in Zukunft noch mehr Probleme haben, wenn Pippia seine Forschungsergebnisse in seine Arbeit einfliessen lässt.

Alessandro Pippia ist ein Autogrammexperte aus Buchs. Er ist Europas führender Experte auf diesem Gebiet und durch das VDG/EGS staatlich anerkannt.

Wer noch mehr über Pippia und seine Dienstleistungen erfahren und diese eventuell sogar in Anspruch nehmen will, besucht am besten seine Homepage pippia-autogrammexperte.ch.

Fabian Alexander Meyer