Home Region Sport Schweiz/Ausland Magazin Agenda
Magazin
04.04.2024

«Die Leute fallen vor Lachen fast von den Stühlen»

Für seine Rolle in Charleys Tante schlüpft Rolf Knie in Frauenkleider.
Für seine Rolle in Charleys Tante schlüpft Rolf Knie in Frauenkleider. Bild: zVg
Volle Säle, begeistertes Publikum. Rolf Knie (74) feiert mit Charleys Tante Grosserfolge. Und das Publikum freut sich über dieselben Pointen wie vor 35 Jahren.

Rolf Knie, Sie feiern derzeit mit Charleys Tante landauf landab Grosserfolge. Wie fühlt sich das an?
Sehr gut. Das Risiko war da – ich wusste nicht, ob sich die ganze Auffassung von Komik im Verlaufe der Zeit verändert hat oder nicht. Aber das ist glücklicherweise nicht so. Gute Komik ist zeitlos. Die Leute im Publikum fallen vor Lachen fast von den Stühlen. Es ist wunderbar, welche Energie dir das Publikum gibt, wenn es dir entgegenlacht. Die Batterien füllen sich wie automatisch.

Welches Publikum sprecht ihr an?
Genau das richtige (lacht). Die Jungen von heute haben oft keinen echten Zugang zu Theater, Operetten oder Opern. Deshalb richten wir uns an die Zuschauerinnen und Zuschauer ab 30 Jahren. Es bringt schliesslich nichts, sich an einem Publikum zu orientieren, das ohnehin nicht kommt.

Und wie ist ihr Publikum?
Es freut sich über einen echten klassischen Schwank – geniesst einen unbeschwerten Abend, an dem man nicht bei jeder Pointe über die politische Korrektheit nachdenken muss oder die Gefahr eines Gender-Problems wie ein Damoklesschwert über der Bühne hängt. Aber sogar, wenn sich junge Zuschauer in die Vorstellung verirren, sind sie in der Regel total begeistert.

  • Gehören zum Erfolgs-Ensemble von Charleys Tante (v.l.n.r.): Patric Scott, Rolf Knie und Maja Brunner. Bild: zVg
    1 / 2
  • Charleys Tante reizt die Situationskomik aus und setzt auf Slapstick – ein Rezept, das auch nach 35 Jahren sehr gut ankommt. Bild: zVg
    2 / 2

Das heisst, ein Mann im Frauenkostüm funktioniert noch immer wie vor 35 Jahren?
Ja – weil wir die Situationskomik ausreizen und auf Slapstick setzen. Es geht nicht darum, ob ich mich als Mann oder Frau fühle. Ich muss in eine Frauenrolle schlüpfen, weil Charleys Tante Rösli verhindert ist – und weil eine Anstandsdame gebraucht wird. Da sind der Komik fast keine Grenzen gesetzt. An dieser Stelle muss ich sagen: Hans Gmür hat das Stück damals perfekt für mich geschrieben. Und das gilt immer noch.

Mussten Sie nichts anpassen?
Nur kleine Nuancen. Vor 35 Jahren hatte Charleys Tante ein Drehscheibentelefon – und heute ein Handy und Internet.

Reagiert das Publikum anders als damals?
Nein – erstaunlicherweise genau gleich. Das hat mich tatsächlich überrascht. Mein Kollege Ruedi Haas, der damals wie heute auf der Bühne steht, sagt exakt das gleiche: Es ist wie in den 1980-er Jahren.

Sie spielen in Frauenfeld, Visp und Zürich. Wo ist das Publikum am anspruchsvollsten?
Jeder Tag ist anders. Und das Stück entwickelt sich. In Zürich waren wir vier Tage im Volkshaus – und das Publikum reagiert jeden Abend anders. Das ist das Schöne am Theater – aber gleichzeitig auch das Anspruchsvolle. Was ich auch spüre: Die Menschen schätzen, dass wir sie besuchen – und die Show quasi zu ihnen nach Haus bringen. Wie früher halt.

Und Rapperswil-Jona. War das ein echtes Heimspiel?
Definitiv. Die Vorstellungen waren sehr schön. Aber es war die Premiere. Ich sage immer zu den Besuchern: Wenn ihr die schlechteste Vorstellung sehen wollt, kommt an die Premiere. Dann sind alle nervös – die Medien und Freunde sind da. Und die Gags sitzen noch nicht perfekt. Komik ist etwas, das sich entwickelt.

Hatten Sie keine Angst, dass es schiefgehen könnte?
Ich hatte keine Angst – ich hatte Schweissausbrüche und schlaflose Nächte (lacht). Schliesslich ist es die Zeit, die Helden macht. Und je länger die letzte Aufführung des Stücks zurücklag, desto verklärter waren die Erinnerungen. Aber heute kann ich sagen: Wir haben die Geister der Vergangenheit vertrieben. 

Sie sind in einem Alter, in dem andere Rosen züchten oder Briefmarken sammeln? Woher nehmen Sie die Energie?
Aus der Freude am Spielen – und der Freude, etwas entstehen zu lassen. Irgendwann werden Geist und Körper bei mir nicht mehr mitmachen. Aber dann will ich mir nicht vorwerfen müssen, dass ich etwas verpasst habe, als es mir noch so gut ging wie heute.

In Thun sass Bundesrat Albert Rösti im Publikum. Was bedeutete ihnen seine Anwesenheit?
Viel, sehr viel. Ich empfinde es als echte Anerkennung und Wertschätzung, dass er sich Zeit genommen hat, um uns zu besuchen. Schliesslich hat er vermutlich noch anderes zu tun. Aber am Schluss sagte er mir: Eigentlich müsste die Krankenkasse den Eintritt bezahlen. Denn euer Stück hat heilende Wirkung – und Lachen ist gesund.

Am 12. April spielen Sie in Visp. Glauben Sie wirklich, dass die Walliser Sie als Üsserschwiizer verstehen?
Da habe ich gar keine Angst. Visp ist quasi ein zweites Heimspiel für mich. Meine Freunde Sepp und Corinne Blatter sind angemeldet – und auch Michel Jordi, ein anderer guter Kollege. Und schliesslich war ich mein ganzes Leben immer wieder im Wallis – auf Tournee oder in den Ferien.

Am 27. April in Schaffhausen ist Dernière. Ist dies auch der Schlusspunkt hinter ihre schauspielerische Tätigkeit?
Never say never again. Tatsächlich stehen wir bereits in Diskussionen, dass wir nächstes Jahr mit Charleys Tante zurückkommen. Schliesslich gab es viele Orte, die wir nicht bespielten. Das müssen wir nachholen. Und letztlich darf ich sagen: Wirtschaftlich ist das Stück ebenfalls ein Erfolg.

Thomas Renggli, Linth24