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09.06.2024

Schule ohne Noten – aus der Sicht einer Schülerin

Bild: Emilia Schwarz
Ein Schulsystem ohne Noten hat sich zwar noch nicht etabliert, doch schenkt man ihm immer mehr Aufmerksamkeit. Gewisse Primarschulen in der Schweiz versuchen bereits, eine abgeschwächte Form dieses Schulsystems zu integrieren

Dies durchaus mit guten Begründungen. Noten sind nicht aussagekräftig, Noten hindern die Lernenden and nachhaltigem und motiviertem Lernen, Noten setzen die Lernenden zu sehr unter Druck – mit solchen Argumenten punkten die Befürworter der Schule ohne Noten. Statt Noten gibt es Feedbackgespräche mit den Lehrpersonen und Angebote zur individuellen Leistungsförderung. All dies klingt sehr verlockend, doch könnte sich ein solches System wirklich behaupten? Im Sommer schliesse ich mein elftes Schuljahr ab und möchte deshalb meine Meinung und meine Erfahrungen als Schülerin teilen.

Schwachpunkte des Schulsystems
Was ich aus meiner Sicht ganz klar bestätigen kann, die Schule hat Mühe die Individuen auf ihren Leistungsstufen zu fördern. Für die einen geht es viel zu schnell voran, die anderen langweilen sich andauernd. Ich stelle mir dies auch für eine Lehrperson nicht ganz einfach vor. Des Weitern ist die Note fünf nicht gleich die Note fünf. Noten hängen häufig von der Lehrperson ab, auch wenn diese das nicht unbedingt zugeben. Es ist auch keinesfalls angreifend gemeint. Jede Lehrperson hat einen eigenen Prüfungsstil, manchmal fügt er einem und manchmal nicht. Bei einer anderen Lehrperson hätte man beim gleichen Thema vielleicht statt eine fünf nur eine vier. Dazu kommen noch weitere Faktoren wie zum Beispiel Schlaf und die Probleme zu Hause, die die Leistung beeinträchtigen können. Eine Note sagt also nicht unbedingt immer etwas über das Potenzial des Schülers oder der Schülerin aus. Die Frage ist nur, ob gar keine Noten deswegen sinnvoller sind.

Der Arzt ohne geprüfte Leistungen
Niemand würde sich von einem Arzt behandeln lassen, der nie irgendwelche Prüfungen ablegen musste. Fast in jedem Beruf ist es notwendig, dass die Leistung überprüft wird. Im Studium braucht es also auf jeden Fall Noten oder zumindest ähnliche Systeme. Wo zieht man dann die Grenze? Irgendwann müssen wir es ja lernen, also wieso nicht gleich?

Keine Motivation fürs Lernen
In meinem schulischen Umfeld habe ich die Erfahrung gemacht, dass nur auf Prüfungen gelernt wird. Niemand würde freiwillig etwas so gut lernen, wie wenn man auf eine Prüfung lernt. Oft sind schon Hausaufgaben zu viel verlangt. Ich sehe es aus diesem Grund eher kritisch, die Benotung abzuschaffen. Die Schule dient dazu, Kindern etwas beizubringen, sie sollen etwas lernen. Wenn man also nichts lernt, erfüllt die Schule ihren Zweck nicht. Selbst in unserem Alter, wo man eigentlich weiss, dass man für sich selbst lernt und nicht für die Lehrpersonen oder die Eltern, gäbe es viele die, dieser Selbstverantwortung nicht genügend nachkommen würden.

Die optimale Lösung gibt es nicht
Ein Schulsystem zu entwerfen, das allen passt, wird sowieso schwierig werden. Es gibt nicht die eine Lösung. Die Gesellschaft wandelt sich und so wird sich auch das Schulsystem wandeln. Momentan stehe ich der Abschaffung der Noten noch kritisch gegenüber, doch vielleicht ist es ja in ein paar Jahrzehnten normal geworden.

Emilia Schwarz