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28.07.2024

Biden-Verzicht schwächte Aktien

Bei der laufenden Publikation der Halbjahresergebnisse fallen laut Christopher Chandiramani unter anderem die Kursabstürze grosskapitalisierter SMI-Werte auf.
Bei der laufenden Publikation der Halbjahresergebnisse fallen laut Christopher Chandiramani unter anderem die Kursabstürze grosskapitalisierter SMI-Werte auf. Bild: Linth24
In den USA überraschte Joe Bidens Verzicht und das Antreten von Vize Kamala Harris gegen Donald Trump. Aktien reagierten mit Schwankungen, SMI nur wenig verändert: 12'241 Punkte.

Zwei Wochen nach dem Attentat gegen Donald Trump werden die Karten wieder neu gemischt. Die Märkte hatten zunächst mit seinem Sieg und einem konservativen Amerika gerechnet. Die designierte Biden-Nachfolgerin Kamala Harris hat als Kandidatin der Demokraten gute Chancen, verfolgt aber in der Wirtschaftspolitik einen eher progressiven Kurs. Nun gilt es, das politisch gespaltene Amerika wieder zusammen zu bringen.

China senkt die Leitzinsen: In einem überraschenden Schritt senkte die chinesische Zentralbank am Montag die Leitzinsen und reduzierte den einjährigen Leitzins von 3.45 Prozent auf 3.35 Prozent und den fünfjährigen Leitzins von 3.95 Prozent auf 3.85 Prozent. Es geht offenbar darum, einer wirtschaftlichen Abschwächung vorzubeugen. Ökonomen hatten mehrheitlich nicht damit gerechnet, dass China jetzt an der Zinsschraube drehen würde.

Der Schweizerfranken zeigt sich sowohl gegenüber Euro wie auch Dollar stärker. Der Euro konnte sich jedoch über der Marke von 96 Rappen knapp halten. Kryptowährungen haben sich nach einem Tief weiter erholt.

Der Einkaufsmanagerindex der Industrie (PMI) für die Eurozone sank  im Juni 2024 auf 45.8 Punkte (50 = neutral). Der Index basiert auf einer Befragung von rund 3'000 Industrieunternehmen aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, den Niederlanden. Der Wert weist auf eine leichte Wirtschaftsabschwächung in Europa hin.

Unternehmensnachrichten

Der Zementkonzern Holcim enttäuschte die Erwartungen mit dem Umsatz, übertraf sie aber deutlich beim operativen Resultat. Der Umsatz ging im ersten Halbjahr 1.9 Prozent auf CHF 12.81 Mrd. zurück. Der Ebit stieg um 0.8 Prozent auf CHF 2.21 Mrd. Die dazugehörige Marge beläuft sich auf rekordhohen 17.2 Prozent. Der Reingewinn sank um 3.4 Prozent auf CHF 1.22 Mrd. Aber die Guidance für den wiederkehrenden Ebit wurde von 18 auf 18.5 Prozent angehoben.

Der Pharmazulieferer Lonza verzeichnete im ersten Halbjahr aufgrund des Wegfalls des Moderna-Auftrags einen leichten Rückgang der Einnahmen und des Gewinns: Der Umsatz sank um 0.7 Prozent auf CHF 3.06 Mrd. Fr., während der Betriebsgewinn Ebitda um 3.1 Prozent auf CHF 893 Mio. zurückging. Der Reingewinn lag mit CHF 330 Mio. tiefer (411).

Der Schokoladenhersteller Lindt & Sprüngli hat die Semestereinnahmen leicht auf  CHF 2.2 Mrd. gesteigert. Organisch war es ein Wachstum von 7 Prozent. Der Ebit stieg überproportional 14.6 Prozent auf CHF 292 Mio. Unter dem Strich blieb ein 6 Prozent höherer Gewinn von CHF 218 Mio.

Der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé hatte trotz eines Umsatzrückgangs um 2.7 Prozent auf CHF 45 Mrd. im ersten Halbjahr ein organisches Wachstum von 2.1 Prozent erzielt, kehrt aber zu einem positiven internen Wachstum zurück. Preiserhöhungen konnten nicht alle an die Kunden weitergegeben werden. Aufgrund der besseren Entwicklung im zweiten Quartal hat der Konzern die Jahresprognose angepasst und erwartet nun ein Umsatzwachstum von mindestens 3 Prozent.

Der Genfer Aromen- und Duftstoffhersteller Givaudan hat den Umsatz im ersten Halbjahr um 5.7 Prozent auf  CHF 3.37 Mrd. Fr. gesteigert. Organisch waren es gar 12.5 Prozent. Das Betriebsergebnis Ebitda nahm um 19 Prozent auf CHF 906 Mio. zu, der Gewinn 31 Prozent auf CHF 588 Mio.

Der Pharmakonzern Roche hebt den Ausblick an. Der Umsatz stagnierte im ersten Halbjahr bei CHF 29.9 Mrd. Die Pharmasparte erzielte ein Umsatzplus von 1 Prozent auf CHF 22.6 Mrd. die Diagnostiksparte ein Minus von 1 Prozent auf CHF 7.2 Mrd. Der operative Kerngewinn stieg vornehmlich wegen einer langsameren Aufwertung des Frankens um 4 Prozent auf CHF 11.3 Mrd., der Konzerngewinn ging um 11 Prozent auf CHF 6.7 Mrd. zurück. Roche führt ein neues Bonusmodell ein für gute Vorschläge aus dem Kreis des  Personals.

Der Logistikkonzern Kühne + Nagel hat im ersten Halbjahr einen 3 Prozent niedrigeren Rohertrag von CHF 2.2 Mrd.  erzielt. Der Ebit schrumpfte um 23 Prozent auf CHF 402 Mio., während der Gewinn um einen Viertel auf CHF 298 Mio. fiel.

Der Warenprüfkonzern SGS steigert im ersten Halbjahr den Umsatz unerwartet deutlich und währungsbereinigt um 8 Prozent auf CHF 3.34 Mrd. Der Gewinn sank wegen Sonderfaktoren leicht auf CHF 267 Mio.

Aussichten

Zurzeit befinden wir uns in der Publikationsphase der Halbjahresergebnisse. Es sind Ausschläge der Aktien in beide Richtungen zu beobachten. Auffällig sind überwiegend Kursabstürze, besonders bei den grosskapitalisierten SMI-Werten und bei Zahlen unter den Erwartungen, zu beobachten. Kurssprünge waren nur vereinzelt. Diese Reaktionen nehmen zudem auch eine leichte Abschwächung der Wirtschaftsdynamik vorweg. Mittelfristig sind Zinssenkungen wieder ein Thema, auch bei den Hypotheken. Fallende Inflationszahlen und der starke Franken geben hierzu den Spielraum. Bis zum November bleiben die USA im Fokus. Die US-Präsidentschaftswahlen bleiben spannend, Kamala Harris oder Donald Trump, das ist die Frage. Alles bleibt vorläufig offen. Allenfalls kommen sogar neue Kandidaten hinzu.

Christopher Chandiramani, Börsenanalyst und freier Mitarbeiter Linth24