«Ich hatte vor, mich für die Polizeischule 2019/2020 zu bewerben, und wusste, dass es im Vorfeld noch einen Sporttest zu absolvieren galt. Um in Form zu gelangen, fing ich mit dem Laufen an», erzählt die 31-jährige Fabienne Vonlanthen über die Anfänge ihrer Sportkarriere. Es sei nicht nur ein perfekter Ausgleich zum Alltag, sondern schnell einmal zu einer Leidenschaft geworden. «Mit der Zeit erkannte ich das Potenzial, das in mir steckt. Deshalb fing ich an, mehr Ressourcen und Zeit dafür aufzuwenden sowie nach einem Trainingsplan zu üben.» Es hat sich ausbezahlt. Bis heute erkämpfte sie sich einige nationale und internationale Titel auf Distanzen von fünf oder zehn Kilometern wie auch bei einem Halbmarathon. Da die Schaffhauser Polizei hinter ihren Ambitionen steht, durfte sie das Pensum auf ein Minimum herunterfahren, um alles unter einen Hut zu bekommen. Während Sponsoren ihre Karriere mittragen, möchte sie ihre Bekanntheit nutzen, um Gutes zu tun. Am Solidaritätslauf der Krebsliga Schaffhausen am 21. September nimmt sie als dessen Botschafterin teil.
Training, Training und Training
Es erklärt sich von selbst, dass hinter all den Erfolgen ein knallhartes Programm steckt. «Das Training richte ich auf den anstehenden Wettkampf aus. Momentan bin ich in den Vorbereitungen für den Berlin-Marathon Ende September. Seit Anfang Juni bereite ich mich darauf vor», so Fabienne Vonlanthen, wohnhaft in Basadingen. Die meiste Zeit trainiere sie in der Region Schaffhausen und Zürich – einige Sessions ebenfalls beim LC Schaffhausen. Wenn ihr Hauptziel der Saison näher rücke, bereite sie sich über mehrere Wochen im Höhentrainingslager in St. Moritz darauf vor. Im Winter gehe sie dazu an den portugiesischen Mittelmeerort Monte Gordo.
«Als Langstreckenläuferin trainiere ich täglich. Daraus ergeben sich sieben bis zehn Einheiten mit 100 bis 160 Kilometern pro Woche.» Dies entspreche einem Zeitaufwand von rund 15 bis 20 Stunden. Darin seien regenerative Einheiten wie Physiotherapie, Massagen und das Mentaltraining noch nicht enthalten.
Zu Beginn der Vorbereitungen auf einen Marathon baue sie kurze und schnelle Intervalle ein. Danach werde es spezifischer. Das Tempo des anstehenden Marathons übernehme sie im Training. Während die Umfänge hoch blieben, verlängere sie stetig die Intervalle. «Ich plane stets Entlastungswochen ein. Darin schraube ich die Intensität auf ein tieferes Level herunter», ergänzt die Läuferin im Austausch mit dem «Bock».
Rennen belasten den Körper, das weiss auch Fabienne Vonlanthen: «Regelmässige medizinische Untersuchungen bei meinem Sportarzt gehören genauso dazu wie das Dehnen und die Regeneration.» Das einfachste und auch effizienteste Mittel sei der Schlaf. Durch die Reduktion auf 40 Prozent müsse sie bei der Polizei keine Nachtdienste mehr leisten. «Das ist ein grosses Plus für die Erholung.»
Rekordjägerin seit der ersten Stunde
Bereits 2021 wurde sie zur Schweizermeisterin über die Halbmarathondistanz gekürt – einer ihrer grössten Titel. Momentan hält die 31-Jährige die Kantonalrekorde über fünf und zehn Kilometer sowie im Halb- und klassischen Marathon. «Dies macht mich wirklich stolz.» Die Liste geht noch weiter. Sie war Siegerin der Polizei-Europameisterschaften im Marathon wie auch der World Police and Fire Games 2022. Erst kürzlich, am 18. August, konnte sich Fabienne Vonlanthen zudem beim Zehn-Kilometer-Lauf durchsetzen und darf sich Schweizermeisterin nennen. Das sei ein weiterer Meilenstein ihres sportlichen Weges. «Eines der unbeschreiblichsten Gefühle hatte ich aber beim Zieleinlauf meines ersten Marathons – Emotionen pur.»
Hungrig auf mehr
Wie weit sie sich noch entwickeln könne, sei nur schwer abzuschätzen. Sie sei aber definitiv hungrig auf mehr. «Ich will mich täglich verbessern und das Beste aus meinem Körper herausholen», sagt die schnellste Polizistin der Welt. Apropos schnellste Polizistin. Diesen Titel gilt es in naher Zukunft zu verteidigen. Ein weiteres Ziel in absehbarer Zeit sei die Teilnahme an einer Europameisterschaft. «Das Wichtigste ist aber definitiv, dass ich weiterhin Freude an der Sache habe.»
Nebst Willen, Fleiss und Spass darf der finanzielle Aspekt nicht ausser Acht gelassen werden. «Ohne Sponsoren könnte ich meinen Traum nicht leben», legt Fabienne Vonlanthen demütig offen. New Balance stellt ihr die Sportausrüstung zur Verfügung und mehrere regionale Unternehmen greifen ihr unter die Arme, wie zum Beispiel die Falken Brauerei.
Sensibilisierung ist essenziell
«Die Krebsliga hat mich angefragt, ob ich am Schaffhauser Solidaritätslauf teilnehmen möchte. Für mich war sofort klar, dass ich dabei bin. Das Thema rund um Krebs muss mehr Raum erhalten», sagt die Schaffhauser Polizistin.
Als Botschafterin übernimmt sie auf dem Herrenacker das Warm-up, um die Teilnehmer:innen optimal auf die drei Strecken vorzubereiten. «Am Lauf geht es nicht um Bestzeiten, sondern darum, mit Gleichgesinnten ein Zeichen zu setzen und zusammen eine gute Zeit zu haben.» Sie selbst werde voraussichtlich nur am Start anzutreffen sein. Aufgrund ihrer Teilnahme am Berliner Marathon müsse sie sich schonen.
Angehenden Läufer:innen rät sie, langsam zu starten, nicht zu übertreiben und gut auf den Körper zu hören. Wer möglicherweise in einer «Krise» stecke, solle sich auf die schönen Momente fokussieren. Auch sie habe nicht an jedem Training den gleichen Spass. Aber die Erlebnisse würden dies bei weitem ausgleichen und fügt an: «Ich empfehle niemandem, sich mit anderen zu vergleichen. Es ist besser, sich ein realistisches Ziel zu setzen und darauf hinzuarbeiten