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Schweiz
02.12.2024

Medienschaffende sind älter und linker als noch 2015

Studien-Mitautor  Vinzenz Wyss
Studien-Mitautor Vinzenz Wyss Bild: zVg
Eine neue Studie der ZHAW beleuchtet die Arbeitswelt der Schweizer Journalisten. Sie zeigt: Der Beruf steht unter Druck. Sinkende Autonomie, prekäre Arbeitsbedingungen und hohe Belastungen prägen den Alltag. Gleichzeitig gibt es Defizite in der Diversität, die nach Veränderung rufen.

Die ZHAW hat im Rahmen der internationalen Studie «Worlds of Journalism» 1179 Journalisten in der Schweiz befragt. Ziel war es, ein umfassendes Bild ihrer demografischen Merkmale, Arbeitsbedingungen und Herausforderungen zu zeichnen. Die Ergebnisse offenbaren wesentliche Entwicklungen und Problembereiche in der Branche.

Der typische Journalist in der Schweiz ist männlich, 43 Jahre alt, konfessionslos, akademisch ausgebildet – und links. 

Frauen machen 44 % der Journalisten aus, sind jedoch in Ressorts wie Politik und Wirtschaft sowie in Führungspositionen stark unterrepräsentiert. 80 % der Befragten verfügen über einen Hochschulabschluss; politisch positionieren sich 76 % links der Mitte.

Während Medienschaffende 2015 auf einer Skala von 0 (links) bis 10 (rechts) einen Wert von 4,02 angaben, liegt der Durchschnittswert 2023 bei 3,04, was eine stärkere Linksorientierung zeigt.

Die Ergebnisse zeigen eine zunehmende Prekarisierung (Verwundbarkeit durch ungesicherte Arbeits- und Lebensverhältnisse).

Der Anteil befristeter Anstellungen ist seit 2015 von 6 % auf 23 % gestiegen. Nur 50 % arbeiten Vollzeit, wobei Frauen deutlich häufiger Teilzeit beschäftigt sind. Zudem verdienen 40 % der Journalisten weniger als den Medianlohn von 6788 Franken.

Die zunehmende Medienkonvergenz zwingt Journalisten, Inhalte für mehrere Plattformen wie Webseiten, Apps und soziale Medien zu erstellen.

Journalisten betrachten es als ihre Hauptaufgabe, Informationen zu vermitteln (85 %), Ereignisse einzuordnen (78 %) und Desinformation zu bekämpfen (78 %). Gleichzeitig empfinden nur noch 66 % ihre Medien als frei.

72 % sehen sich bei der Themenwahl als autonom – ein Rückgang im Vergleich zu 2015. Zeitdruck, Ressourcenmangel und redaktionelle Vorgaben erschweren die Arbeit zusätzlich.

Stress ist ein weitverbreitetes Phänomen: 

Die Hälfte der Befragten gibt an, oft oder sehr oft gestresst zu sein. 73 % berichten von hasserfüllten Äusserungen, 67 % von öffentlichen Diskreditierungen. Hinzu kommen persönliche Bedrohungen wie Mobbing (22 %) und sexuelle Belästigung (10 %).

Die psychische Belastung ist erheblich, und viele fürchten eine unzureichende Strafverfolgung solcher Angriffe.

Die Studie zeigt: Der Journalismus in der Schweiz steht vor grossen Herausforderungen.

Defizite in der Diversität (auch in der politischen) und die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen rufen nach Massnahmen. Der nationale Aktionsplan des BAKOM zur Sicherheit von Medienschaffenden ist ein erster Schritt, um den Journalismus als wichtigen Pfeiler der Demokratie zu stärken.

stgallen24/stz.