Juristen sind nicht immer bekannt dafür, das Leben einfacher zu machen. Nun wirft ein Urteil des Bundesgerichts zur katholischen Mädchen-Sekundarschule St. Katharina in Wil hohe Wogen. Diese Form einer Schule sei (für Buben) diskriminierend.
Viele Angebote gefährdet
Und dies, obschon die Schule Mädchen jeglichen Glaubens offensteht. Laut Benjamin Schindler, Professor für öffentliches Recht an der Universität St. Gallen, könnte das Urteil weitreichende Auswirkungen haben. Alle staatlichen oder staatlich geförderten Angebote, die sich nur an ein Geschlecht oder eine Religion richten, könnten gefährdet sein.
Mädchen-Förderung nicht mehr zulässig?
Die «Sonntagszeitung» nimmt den Ball auf und interpretiert: «So könnte zum Beispiel jeder geschlechtergetrennte Unterricht in Zukunft eingeklagt werden, etwa die in vielen Schulen angebotene Mint-Förderung für Mädchen, also die Förderung in mathematischen und technischen Fächern».
Sechseläuten nicht mehr erlaubt?
Auch gesellschaftlich könnten die Konsequenzen gravierend sein. Die «Sonntagszeitung» schreibt: «Der Sechseläuten-Umzug in Zürich, an dem die Frauenzunft nicht als eigenständige Gruppe mitlaufen darf, sei wohl nicht mehr zulässig».
Als diskriminierend könnten auch muslimische Grabfelder gelten, die auf verschiedenen Schweizer Friedhöfen eingeführt wurden, da sie ein Angebot nur für eine Glaubensrichtung seien.
Frauenbäder als Grenzfall
Selbst der Erhalt der öffentlichen Frauenbäder sei unsicher. Rechtsprofessor Schindler spricht hier von einem «Grenzfall». «Mit Blick auf die Intimsphäre und den Schutz vor Belästigung gibt es meiner Meinung nach gute Gründe für eine getrennte Frauen-Badi», sagt er.
Männer-Ruderklub ungefährdet
Wie ein Gericht entscheiden würde, wenn ein Mann auf Diskriminierung klagte, sei aber offen. Ein Frauenturnverein oder ein Männer-Ruderklub müsse aber auch in Zukunft keine Mitglieder des anderen Geschlechts aufnehmen, da es sich um private Vereine handle.