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22.02.2025

Börse trotzt US-Aussenpolitik

Christopher Chandiramani hält Zinssenkungen weiter für nicht ausgeschlossen und sieht positive Unternehmensabschlüsse mit höheren Dividenden.
Christopher Chandiramani hält Zinssenkungen weiter für nicht ausgeschlossen und sieht positive Unternehmensabschlüsse mit höheren Dividenden. Bild: Linth24
Nach schwächerem Börsenstart kam am Freitag ein Ruck; SMI stieg: 12'949 Punkte. Zinssenkungen möglich, Abschlüsse positiv. Trump-Attacken halten an. Währungen stabil, Gold stark.

Zunächst waren die Augen auf die Sicherheitskonferenz gerichtet. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz sorgte US-Vizepräsident Vance für Verstimmung. Er sprach von einer eingeschränkten Meinungsfreiheit in Europa und Deutschland – und stellte dabei einen Zusammenhang zur US-Militärpräsenz her.

Russland und die USA sassen in Riad (Saudi-Arabien) zusammen, um über ein Ende des Ukrainekriegs zu verhandeln. Die Gespräche fanden unter sich statt, ohne die EU oder die Ukraine. Für die Europäer steigt damit der Zeitdruck beim Thema Ukraine. Starke Signale lassen auf sich warten. Ein Frieden ist noch ein langer Weg. Eine separate Ukraine-Konferenz fand in Paris statt. Die EU-Staaten vereinbaren jedoch neue Russland-Sanktionen.

Die Schweizer Wirtschaft wächst 2024 um 0.8 Prozent. Die Schweizer Wirtschaft hat im letzten Quartal 2024 etwas besser als erwartet abgeschnitten. Das Wachstum blieb jedoch unter den langjährigen Durchschnittswerten.

Schweizer Hotellerie: Im Jahr 2024 wurden 42.8 Millionen Logiernächte verzeichnet, das ist ein Plus von 2.6 Prozent (1.1 Millionen) im Vergleich zum Vorjahr. Damit erreichten die Übernachtungen 2024 einen neuen Höchststand, den höchsten Wert seit 50 Jahren. Gäste aus Asien und den USA sind wieder zurück, besonders bezüglich Städtereisen.

Schweizer Hypozinsen sinken wieder – der kleine «Zinsschock» zu Jahresbeginn ist überwunden. Die Mehrheit der beobachteten Anbieter senkt ihre Richtwerte.

Die Preise für Erdgas in Europa sind so hoch wie seit zwei Jahren nicht mehr, wetterbedingt könnten sie weiter steigen. Zusätzlich sind die Gasspeicher Europas schlechter gefüllt als in den Vorjahren. Dennoch sind keine Engpässe zu erwarten. Der grossflächige Ausfall französischer Kernkraftwerke im Herbst 2021 und der Ausbruch des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Winter 2022 führten zu einer Verfünffachung des Gaspreises in Europa.

Unternehmensnachrichten

Der Versicherungskonzern Zurich Insurance weist für das vergangene Jahr einen 5% höheren Betriebsgewinn (von USD 7.8 Mrd. aus. Der Gewinn nahm ein Drittel auf rekordhohe USD 5.8 Mrd. zu. Die Dividende soll von CHF 26 auf 28 erhöht werden. In der Schaden- und Unfallversicherung und in der Lebensversicherung seien Rekordergebnisse erzielt worden, während auch Farmers in den USA profitables Wachstum verzeichnet habe

Der Umsatz des Industriekonzerns Oerlikon ist 12 Prozent auf CHF 2.4 Mrd. zurückgegangen. Der operative Betriebsgewinn reduzierte sich 11.6 Prozent auf CHF 393 Mio. Wegen eines Wegfalls von Sonderkosten verdreifachte sich der Gewinn. Die Dividende beträgt unverändert CHF 0.20 .Die Abspaltung von Polymer Processing ist auf Kurs.

Der Dentalhersteller Straumann hat 2024 einen Umsatz von CHF 2.5 Mrd. erzielt, 3.7 Prozent mehr als im Vorjahr. Organisch ist er 13.7 Prozent gewachsen. Der Kernbetriebsgewinn (Core Ebit) ist auf CHF 650 Mio. Fr. gestiegen, was einer Marge von 26 Prozent entspricht. Unter dem Strich blieb ein Gewinn von CHF 439 Mio., nach 247 Mio. im Vorjahr. Die Aktionäre erhalten eine Dividende von CHF 0.95 (im Vorjahr 0.85) Fr. je Titel.

Der Bauchemiekonzern Sika hat im Jahr 2024 bei Profitabilität und Gewinn zugelegt. Der Ebitda-Marge erhöhte sich von 18.2 auf 19.3 Prozent. Der Gewinn stieg auf CHF 1.25 Mrd. (+17,4 Prozent). Die Dividende wird um 0.3 auf CHF 3.60 Fr. je Aktie erhöht. Damit hat das Unternehmen die Erwartungen übertroffen.

Der Wäschehersteller Calida hat 2024 einen Gewinn von CHF 14.9 Mio. erwirtschaftet. Im Vorjahr war es noch ein Verlust von CHF 66.5 Mio. Der Umsatz nahm auf CHF 231 Mio. (–10.1 Prozent) ab. Die Dividende wird um 6 Rappen auf CHF 0.66 je Aktie angehoben. Per 1. Juni wird Thomas Stöcklin neuer CEO. Er ist derzeit Finanzchef bei Manor.

Aussichten

Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump ist der Ton zwischen den USA und Europa rauer geworden. Auch die heutige Form der NATO wird in hinterfragt. Uneinigkeit herrscht auch, wie man den Ukraine-Krieg beenden könnte. Eine neue Zollspirale bahnt sich an. Auch die Pharmaindustrie befürchtet, dass auch ihre Branche betroffen sein könnte, oder sogar staatlich verfügte tiefere Preise.

Am kommenden Sonntag finden in Deutschland die Bundestagswahlen statt. Gewinner könnten CDU/CSU und AfD sein. Koalitionsverhandlungen werden schwierig sein. Der Wahlkampf stimmt Ökonomen pessimistisch. Um der Krise zu entkommen, müsste Deutschland seine Wirtschaft total umstellen, vor allem die Automobilindustrie und ihre Zulieferer müssten wieder belebt sowie die Energiepreise gesenkt werden. Doch die Politiker erwecken den Eindruck, als hätten sie das nicht verstanden.

Trotz all dem sind die Märkte im Aufwind in der Hoffnung auf eine leichte Erholung der Gesamtwirtschaft und nochmaligen Senkungen von Inflation und Zinsen in Europa. Viele Geschäftsabschlüsse sind besser als erwartet und die Dividenden steigen.

Börsenäquivalenz: Der Bundesrat streicht die EU per 1. Mai 2025 von der Börsenschutz-Liste, das heisst ein Kauf von Schweizer Aktien soll an den meisten europäischen Börsenplätzen wieder möglich sein.

Christopher Chandiramani, Börsenanalyst und freier Mitarbeiter Linth24