Die Universität St.Gallen (HSG) ist Schauplatz einer ungewöhnlichen Kunstdebatte: Im Zentrum steht «Erika», eine westfälische Stubenfliege, deren konservierter Körper seit Jahren Teil der renommierten Kunstsammlung der Hochschule war – ausgestellt zwischen Werken von Gerhard Richter, Joan Miró und Alberto Giacometti.
Die Kunstaktion «Fliegen retten in Deppendorf» mobilisierte im Jahr 2012 ein ganzes Dorf, das 902 Fliegen rettete und als Höhepunkt eine Fliege, die «Fliege Erika», mit dem weltweit ersten Flugticket für ein Insekt ins Wellness-Hotel führte.
2015 erwarb Insektizidhersteller Hans-Dietrich Reckhaus das Kunstwerk von den Riklins und stiftete es der HSG-Kunstsammlung. Dort geniesst sie seit zehn Jahren eine prominente Position als polarisierendes Kunstobjekt.
Die Fliege wurde jedoch nicht dauerhaft erworben, sondern auf Basis eines befristeten Leihvertrags von einem Unternehmer aus Bielefeld bereitgestellt.
Mit dem baldigen Auslaufen des Leihvertrags stellt sich die Hochschule die Frage, wie mit dem ungewöhnlichen «Kunstwerk» weiter verfahren werden soll.
Während sich einzelne Vertreter für eine Verlängerung aussprechen, gibt es auch Stimmen, die Zweifel am künstlerischen Wert der Fliege äussern.
Das Kunstwerk «Fliege Erika» ist ein Relikt einer radikalen Konzeptarbeit: In enger Zusammenarbeit mit Hans-Dietrich Reckhaus entwickelten die Konzept- und Aktionskünstler Frank und Patrik Riklin eine kafkaeske Transformationsperformance – unter der Bedingung, dass die gemeinsame Kunstaktion in Deppendorf nicht als einmalige Intervention verpufft, sondern einen echten Wandel im Unternehmen auslöst – nämlich die Umstellung des Geschäftsmodells vom Insektentöter zum Insektenretter (→Insect Respect). Dieser Prozess ist seit 13 Jahren sichtbar und aktiv.