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Leserbrief
Kanton
12.06.2025
12.06.2025 15:34 Uhr

Kein Fortschritt mit alter Technik – Warum neue AKWs der falsche Weg sind

Bild: pexels.com
Leserbrief von Jean-Claude Walser zum Bau von neuen AKWs.

Der Entscheid des Aargauer Grossen Rates, den Weg für neue Atomkraftwerke zu ebnen, wird von manchen als «realistisch» und «zukunftsgerichtet» gefeiert. Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich: Wer heute auf neue AKWs setzt, verkennt die ökonomischen Risiken, die gesellschaftlichen Kosten und die Dynamik moderner Energietechnologien.

Teuer, träge, technisch überholt

Atomkraft ist nicht billig – ganz im Gegenteil. Neubauten wie Hinkley Point C in Grossbritannien verschlingen Milliarden, liegen massiv im Verzug und belasten letztlich die Allgemeinheit. In einer Zeit, in der Solar- und Windenergie günstiger, schneller umsetzbar und dezentral organisiert sind, wirkt der Ruf nach neuen AKWs wie ein Griff in die Mottenkiste.

Die Sicherheitsfrage bleibt ungelöst

Auch neue Reaktorgenerationen beseitigen nicht das Restrisiko. Wer behauptet, Atomkraft sei heute sicher, verdrängt die Realität: Technisches Versagen, menschliche Fehler oder Extremwetterereignisse bleiben potenzielle Gefahrenquellen – ganz zu schweigen vom ungelösten Problem der Endlagerung. Radioaktiver Abfall strahlt länger, als alle heutigen Staaten bestehen – das ist kein verantwortungsvoller Weg in die Zukunft.

Versorgungssicherheit geht auch anders 

Oft wird argumentiert: „Wer Versorgungssicherheit, Klimaziele und Wohlstand will, muss alle Optionen prüfen – auch die Kernenergie.“ Doch genau das tun wir, wenn wir stattdessen auf Erneuerbare setzen. Denn echte Versorgungssicherheit basiert auf Vielfalt, Flexibilität und regionaler Produktion – nicht auf zentralisierten Risikotechnologien. Die Gefahr von Blackouts entsteht nicht durch den Ausstieg aus der Atomkraft, sondern durch das Verschleppen des Ausbaus erneuerbarer Energien und intelligenter Netze. Stromimporte aus Kohlekraftwerken sind kein Naturgesetz – sie sind das Ergebnis politischer Versäumnisse. Wer stattdessen in Speichertechnologien, Netzstabilität und dezentrale Energieformen investiert, macht uns unabhängiger – nicht abhängiger.

Erneuerbare sind die Energie der Zukunft 

Mit modernen Speicherlösungen, Lastmanagement und internationaler Kooperation können wir Strom verlässlich, sauber und bezahlbar produzieren. Erneuerbare Energien sind nicht nur klimafreundlich, sondern auch sicher, demokratisch und generationengerecht.

Wer heute «Technologieoffenheit» ruft, meint oft: Wir halten am Alten fest, weil Neues unbequem ist. Doch wahre Offenheit heisst, sich auf Innovationen einzulassen, statt Milliarden in Technologien zu versenken, die im internationalen Vergleich längst an Boden verlieren. Neue Atomkraftwerke mögen auf dem Papier verlässlich erscheinen – in Wahrheit sind sie zu spät, zu teuer und zu gefährlich. Der Weg zu einem nachhaltigen, klimafreundlichen und wirtschaftlich tragfähigen Energiesystem führt über Erneuerbare – nicht über den Betonfussabdruck eines neuen AKWs.

Jean-Claude Walser